Teil
1
Thea, eine fröhliche Dreißigerin mit italienischen Wurzeln, steht an einem Scheideweg. Auf dem Weg in ein neues Leben wird sie von einem Bahnstreik und der geheimnisvollen Seniorin Dora buchstäblich ausgebremst. Sie lässt sich auf ein Abenteuer ein und begleitet Dora nach Frankfurt, wo diese sich als ehemalige Direktorin des Grand Hotel Sanderberg entpuppt. Dora stellt Thea als Gesellschafterin ein und öffnet Thea die Türen zu einer ihr völlig neuen Welt. Doch da ist auch Marius, Doras Enkel, der keinen Hehl aus seinen Abenteuern ohne emotionale Abhängigkeit macht. Die zurückhaltende Thea und der draufgängerische Hotel-Erbe beginnen einander zu umkreisen. Ein Spiel um Anziehung und Skepsis beginnt, bis beide einander immer mehr verfallen.
Liebesroman
444 Seiten / Paperback /
erschienen im Juni 2022
ISBN-13: 9783756210244
Verlag: Books on Demand
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 17,- €
eBook: 4,99 €
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Es war bereits Mittag, als Marius
am Landhaus "Unter den Kastanien" ankam. Dieses lag zwar
malerisch und hübsch mitten im Nirgendwo, aber hier lag
definitiv der Hund begraben. Er lenkte den Wagen in eine
sandige Straße, die inmitten von Feldern lag, auf denen sich
der frisch-grüne Weizen im frühsommerlichen Wind wog. Das große
Haus aus rotem Backstein war schon von Weitem zu sehen, ringsum
standen riesige Kastanien.
Er parkte den Jaguar in der Nähe
des Hauses und stieg aus. Eine Mischung aus Spannung und
Nervosität prickelte unter seiner Haut. Er war auf alles
gefasst. Die Sonne glitzerte durch die flatternden Blätter der
Kastanien und die Luft umschmeichelte warm seinen Körper. Ein
Mann kam ihm entgegen; mit einigen Gartengeräten beladen,
steuerte er eine nebenan liegende Scheune an. Zur Begrüßung hob
er seine schlaffe Schildmütze hoch. Marius nickte
höflich.
„Sagen Sie bitte, ich suche Frau
Sanderberg und Frau Mancini, sie sind Gäste; bin ich hier
richtig?“
Der Gärtner blieb stehen und sah
sich um.
„Ja, Frau Mancini ist dort.“ Er
zeigte mit der Hand auf eine Frau, die etwas weiter hinten
durch Rabatten stapfte und offenbar dabei war, einige Blumen zu
schneiden. „Frau Sanderberg ist bestimmt im Haus.“
Marius bedankte sich. Der Mann
nickte und setzte seinen Weg wieder fort, wobei seine Stiefel
den staubigen Boden aufwirbelten.
Marius blickte zu der Frau, die
sich unweit im Beet über die Blumen beugte. Neben dem Haus blieb er zunächst stehen, um
sich das Mädel einmal genauer anzusehen. Wer konnte schon
wissen, was sie sich da ins Haus holen würden? Zur Not könnte
er sich immer noch heimlich Dora schnappen und mit ihr
abhauen.
Doch was er sah, ließ ihn
innehalten. Sie war leider sehr hübsch.
Etwas versteift stieg sie aus dem
Wagen und streckte ihren Rücken durch. Dann drehte sich sich
um, sah zu der Hotelfassade hinauf und verschluckte ihren
Kaugummi. Der Anblick des Hauses ließ sie fast
hintenüberfallen.
Marius schob Thea ein paar
Schritte zur Seite, um die Tür des Wagens schließen zu können,
da sie nun völlig verdutzt zu dem Hotel
emporstarrte.
„Das gibt’s doch nicht“, murmelte
sie.
Das war nicht einfach ein Hotel
oder ein Haus, es war ein Palast. Es war riesig, in typisch
klassizistischem Stil der Jahrhundertwende, fünf Stockwerke
hoch. Gefühlt erstreckte es sich über die halbe Straße, die
wirklich lang war. Eines stand schon mal fest, das war kein
normales 08/15-Hotel. Thea schluckte, als sie über dem Eingang
den aus Messing gefertigten Schriftzug Grand Hotel
Sanderberg las. Sie ließ ihren Blick schweifen.
Marius betrachtete sie. Sie war
mit ihren Gedanken weit weg, ihr schönes Gesicht war jetzt
ernst und wahrhaftig. Wenn sie malte oder an die Malerei
dachte, war sie ausgeglichen und ganz in sich gekehrt. Maxine
hatte Recht behalten. Noch gestern hatte er vor, von Thea
abzulassen, um heute Morgen alles wieder über den Haufen zu
werfen, als sie in den Aufzug stieg. Sein gestriger Entschluss
war heute eingeknickt, wie ein dünner Strohhalm. Eigentlich
schon gestern, als dieser Affe sich an Thea
ranmachte.
„Ich möchte, dass du eine Nacht
mit mir verbringst“, sagte er ruhig.